Besserer Schutz vor Abzockern im Internet und am Telefon : In seiner Mammutsitzung vor der Sommerpause hat der Bundestag auch ein Gesetzespaket verabschiedet, das Verbraucher besser vor unseriösen Geschäftspraktiken im Internet und am Telefon sowie vor Massenabmahnungen und unseriösen Inkasso-Praktiken schützen soll. Auch die Bußgelder für Abzocker wurden deutlich erhöht.
Keine Chance den Abzockern!
Das Gesetzespaket legt diverse Regelungen fest. Gewinnspielverträge kommen zukünftig nicht mehr am Telefon zustande, sondern müssen per Fax oder E-Mail bestätigt werden. Allerdings gilt diese Regelung ausschließlich für Gewinnspiele. Die meisten anderen telefonisch abgeschlossenen Verträge bedürfen keiner schriftlichen Bestätigung. Verbraucher müssen sie schriftlich oder durch fristgerechte Rücksendung einer Ware widerrufen.
Abmahnkosten künftig gedeckelt
Anwälte dürfen für eine erste Abmahnung wegen illegalen Herunterladens von Bildern, Filmen oder Musik künftig höchstens 155,30 Euro berechnen. Laut einer statistischen Erhebung des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderten Kanzleien im Schnitt 800 Euro pro Abmahnung.
Die Deckelung der Abmahngebühr geschieht dadurch, dass der außergerichtliche Streitwert, nach dem sich die Abmahngebühr bemisst, per Gesetz auf 1000 Euro begrenzt wird.
Außerdem müssen Anwaltskanzleien künftig genau aufschlüsseln, wofür sie die Abmahnzahlungen einfordern. Die Gesetzesänderungen sollen verhindern, dass sich Kanzleien mit massenhaften Abmahnungen von Verbrauchern bei Urheberrechts -Verstößen ein Geschäft aufbauen.
Kritik an Schlupflöchern in der Deckelung
Der vzbv kritisierte allerdings, dass es bei der Obergrenze für Abmahnkosten Schlupflöcher gäbe. Zum einen kann der Abmahner dem Abgemahnten eine "in relevantem Ausmaß vom üblichen Maß abweichende Anzahl oder Schwere der Rechtsverletzung" vorwerfen. Gelingt ihm hier der Nachweis, greift die Deckelung nicht.
Ein weiteres bedeutendes Schlupfloch besteht darin, dass die Deckelung des Betrages dann nicht gilt, wenn der Streitwert „nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist“, also nicht angemessen. Mit dieser Regelung können Anwälte einen höheren Streitwert geltend machen und höhere Abmahngebühren fordern.
Ausnahme könnte die Regel werden
Bereits im Mai hatte der vzbv per Gutachten prüfen lassen, auf wie viele aktuelle Abmahnfälle diese Ausnahmeregelung anwendbar wäre. Das Ergebnis: In 78 Prozent der wichtigsten Abmahnkonstellationen könnte die Unbilligkeit geltend gemacht werden. Damals kritisierte vzbv-Chef Billen: "Die Ausnahmeregelung ist eine Mogelpackung: Sie macht Ausnahmen zur Regel."
Abschaffung des "fliegenden Gerichtsstandes"
Der vzbv begrüßte, dass bei urheberrechtlichen Massenabmahnungen Klagen künftig am Wohnsitz des Kunden eingereicht werden müssten. Unternehmen könnten sich nicht mehr über den "fliegenden Gerichtsstand" ein Gericht im Bundesgebiet auswählen. Bisher suchen sich Abmahner vor allem die Gerichte aus, deren Richter besonders oft und streng in ihrem Sinne entscheiden.
Hohe Geldbußen für unerlaubte Werbeanrufe
Bei unerlaubten Werbeanrufen soll das Bußgeld von 50.000 Euro auf bis zu 300.000 Euro steigen. Die Regelungen gelten künftig auch, wenn automatische Anrufmaschinen eingesetzt werden. Bei Inkasso-Firmen werden die Bußgeldhöchstsätze von 5000 auf 50.000 Euro angehoben. Die Inkasso-Branche soll zudem strenger beaufsichtigt werden.
Strengere Regelungen für Inkasso-Unternehmen
Inkasso-Unternehmen müssen in Zukunft genau erläutern, für wen und warum sie offene Zahlungen eintreiben. Damit soll der Verbraucher besser prüfen können, ob die Forderung rechtmäßig ist. Außerdem deckelt das neue Gesetz auch die Gebühren, die Inkasso-Unternehmen in Rechnung stellen dürfen.
Hier kritisiert vzbv-Chef Gerd Billen, dass das bei Bagatellforderungen nicht greife. So können bei einer Forderung von 20 Euro immer noch doppelt so hohe Gebühren verlangt werden. Das Bundesjustizministerium müsse nun schnellstmöglich Höchstsätze festlegen.
Sind Sie bei Facebook? Dann werden Sie ein Fan von t-online.de Digital.